Auf der Musikmesse


Alex gondelt durch Österreich

Als ich vor einiger Zeit durch das schöne Österreich gondelte

(mitunter fahre ich sehr gemächlich mit meinem kleinen Flitzer, so dass man dies durchaus als "gondeln" bezeichnen darf), sprang mir doch glatt ein Plakat am Straßenrand ins Auge.


"Musikmesse Ried" stand da in großen Lettern.

Und alles, wo Musik drauf steht, das muss ich genauer lesen.

Und wie ich das Plakat so studiere, sagte ich mir, dass diese Messe

eine interessante Veranstaltung sein könnte.

Ich merkte mir den Termin also mal vor.

Ich sollte übrigens recht behalten...



Die Messe und der Mann am Klavier

Gesagt, getan. Ich fuhr also nach Ried.

Die Messehallen waren nicht sonderlich groß,

boten aber dennoch ausreichend Platz für vielerlei Präsentationen.

Wie ich so durch die Reihen schlendere (mitunter pflege ich eine sehr gemächliche Gangart, die man durchaus als "schlendern" bezeichnen darf), fällt mir ein junger Mann mit einer außergewöhnlich guten Stimme auf.

Er stand vor einem Keyboard und sang ein bekanntes Lied.

Das Keyboard hatte ungewöhnlicher Weise (mittlerweile nicht mehr ungewöhnlich) Anschlüsse für Mikrofon und einen Bildschirm, auf dem der Songtext zu sehen war.

Der Sound kam von dem Keyboard, wobei der Mann jedoch nicht darauf spielte, sondern das Gerät machte das von selbst. Der Mann sang nur dazu. Landläufig bezeichnet man so etwas als "Karaoke".

Ich merkte mir diesen Stand schon mal für später vor, um das Gerät genauer unter die Lupe nehmen zu können, wollte mir aber vorerst noch einen allgemeienen Überblick verschaffen.


Als ich in die nächste Halle kam, präsentierte sich mir ein außergewöhnliches Klangerlebnis. Ich nenne es das Riedsche Klangerlebnis


Das Riedsche Klangerlebnis

Wenn es etwas gab, das diese Messe unvergesslich werden ließ, dann war es die spektakuläre Geräuschkulisse:

Wenn Du jemals sämtliche Musikrichtungen auf einmal und zur gleichen Zeit erleben willst, dann rate ich Dir: Besuche die Musikmesse in Ried. Denn dort kannst Du erleben, wie eine zünftige Bierzeltmusik mit Akkordeons neben klassischer Klaviermusik unter Begleitung von Trompeten und E-Gitarren klingt.

Die Stände waren nämlich alle in einer Halle und Aussteller und Besucher der einzelnen Stände schienen ihre bevorzugten Musikrichtungen mit aller Macht deutlich machen zu wollen.


Vorbei ist die Zeit, wo eine E-Gitarre mit Verstärker die anderen Instrument in den Schatten stellt. Das moderne Akkordeon hat längst Verstärkeranschluss und Midi-Buchsen.

Etwas schwieriger hatte es der Besucher, der verschiedene Pianos testete. Aber er haute dennoch so kräftig in die Tasten, dass der Kenner zum "Hollarä" und "Juchu" von der zünftigen Bierzeltmusik neben dem Gitarrensolo des Heavy-Metal-Freaks und einem stilmäßig nicht zuordenbaren Trompetengeblase und Klarinettengetute noch Beethoven und Mozart klassifizieren konnte.


Crazy, crazy Instruments

Die Meinung, hier wohl auf die verrückteste Messehalle gestossen zu sein bekräftigte sich bei Betreten der nächsten Räumlichkeit. Hier gab es die ungewöhnlichsten Instrumente zu sehen:

Von der "Tonleiter" angefangen, die der Erbauer wörtlich genommen hatte, indem er die Stufen einer Staffelei mit Kontakten versah, welche bei Betätigung Töne produzierten, über die verschiedensten Klingel- und Rasselspiele bis hin zur computerunterstützten, elektronisch ferngesteuertenklangproduzierenden Kaffemühle war hier alles (un-)mögliche zu sehen und zu hören.


Als richtiger Lärmmacher entpuppte sich eine Konstruktion mit einer Gitarre, Ventilator und Megafon:

Beim einschalten des Ventilatormotors (ich konnte nicht widerstehen) schlug dieser die Saiten der Gitarre an, was schon zu einigermaßen lauten, bizarren Klangwellen führte. Schaltete man noch das Megafon hinzu (ich konnte erneut nicht widerstehen), so reichte dies aus, um die Aufmerksamkeit der Halle auf sich zu lenken - was bei dem allgemeinen Getümmel schon was heißen will.


Alex übernimmt den Messestand

Nachdem ich alles ein wenig durchforscht hatte, zog es mich zurück zu dem Mann mit der wohlklingenden Stimme (sein Name war übrigens Ralf, wie sich später herausstellen sollte) und seinem interessanten Instrument, das ich nun etwas genauer untersuchen wollte.


In der Tat wurde meine Untersuchung etwas gründlicher.

Sie ging sogar so weit, dass ich verschiedene Musiktitel sang, interessiertes Publikum um mich versammelte und schließlich sogar von dem einen oder anderen Kunden nach Details zum Gerät befragt wurde. Die Fragen, die ich nicht selbst beantworten konnte, leitete ich an Ralf weiter, welcher sich zwischenzeitlich mit seinem Kollegen zu einer Kaffeepause abgesetzt hatte, da ich mittlerweile den Stand scheinbar ganz gut vertreten konnte.

Einmal sagte ich zu einem Kunden, dass ich selber "nur" Kunde sei - dieser war darauf so erschüttertund entschuldigte sich gleich, da er mich schon mit einer Reihe von Fragen beansprucht hatte.

Daraufhin unterließ ich diese unbedachten Äußerungen und gab mich als Fachmann dieses Standes aus, der ich mittlerweile ja auch in kürzester Zeit geworden war.


Der Jobsucher

Zwischendurch wurde ich von Ralf nach meinem Job befragt - ein sich unauffällig im Hintergrund aufhaltender Herr aus der Musikbranche hatte ihn angesprochen, er schien sich für meine Fähigkeiten als Songfile-Programmierer zu interessieren.

Da mir selbst derlei Fähigkeiten bislang gar nicht bekannt waren, lehnte ich dankbar ab(ehrlich gesagt, wußte ich bis dahin gar nicht, dass es so etwas überhaupt gibt).

Vielleicht etwas voreilig, denn bei meinen überzeugenden Leistungen, innerhalb kürzester Zeit einenMessestand leiten zu können, wer weiß, welches Potential ich da erst als Songfile-Programmierer entfalten hätte können ;-)


Fast fiel es mir schwer, mich vom Stand zu trennen, der mittlerweile vor allem junge Mädels anzog, die alle Robbie Williams gespielt haben wollten. Aber die Pflicht rief und ich musste auf die Bühne.


Alex singt fürs Radio

Ein Österreichischer Radiosender berichtete live von der Messe und hatte eine kleine Bühne, wo verschiedene Präsentationen liefen.

Auch Ralf stellte dort sein vielseitiges Keyboard vor. Als Highlight wurden die Besucher aufgefordert, selbst auf die Bühne zu treten und ein selbst gewähltes Lied in bester Karaoke Manier zu singen.

Das Echo war denkbar schlecht. Keiner der Besucher wollte den Anfang machen.

Wer will sich schon gerne vor Publikum blamieren, das doch recht zahlreich vor der Bühne versammelt war?!

"Egal", dachte ich, "eine Gelegenheit zu singen lasse ich doch nicht ungenutzt!"

Und schon war ich auf der Bühne. Fast schon etwas erstaunt von meinem gewagten Auftritt fragte mich die Moderatorin nach meinem Namen und Ralf zeigte mir die Liste der zur Verfügung stehenden Songs.

Bevor ich jedoch ein Lied auswählen konnte, hatte der Lümmel schon einen Song ausgewählt und hielt mir grinsend das Mikro unter die Nase

(danke, mein lieber Ralf, das werde ich Dir so schnell nicht vergessen ;-)

Aber was konnte ich anderes tun, unter den prüfenden Blicken der Radiomoderatorin

und dem erwartungsvoll dreinschauend, gespannt wartenden Publikum,

als den den eingelegten Song zu singen?


Es war zwar kein Lied auf meiner Favoritenliste, welches mir präsentiert wurde,

doch Gott sei Dank auch kein ganz Unbekanntes, wodurch mir eine Blamage erspart blieb (Dein Glück, Ralf!)

Ich kam sogar richtig gut an, als ich Frank Sinatras New York, New York interpretierte.

Und beim letzten New Yoooooooooooooooooork, welches ich beinahe Sinatragleich in den Saal schmetterte, brach sogar ein wahrer Sturm der Begeisterung beim Publikum aus. Puuh! Alles gut gegangen!

Nochmal Glück gehabt! ;-)


Der weltbeste Akkordeonspieler

So einen Auftritt von mir kann man natürlich nur schwer übertreffen *gg*,

aber der Veranstalter zog alle Register und schickte nach Ralfs gelungener Präsentation keinen geringeren als den amtierenden Weltmeister im Akkordeonspielen auf die Bühne und das war freilich etwas ganz besonderes.

Und wer da jetzt etwas erwartete, im Sinne eines üblichen Akkordeonspieles, vorgetragen von einem alten, trachtlederhosentragenden Bergbauern, der wurde gründlich enttäuscht.

Zum einen war der Weltmeister kein Einheimischer, was eigentlich zu erwarten gewesen wäre, sondern ein junger Italiener.

(Oine Roise in dän Südän ist für André ;-) schick und fein, doch zwoi kloine Italiöner möchten görn zuhouse soin ;-)

Zum anderen wurde auch ich überrascht, wenn nicht sogar völlig überrumpelt von der Erfahrung, wie so eine verdammte Quetsche klingen kann:

Nichts, aber auch gar nichts von der gewohnten Schunkel- und Trallalamusik wurde hier aufgeboten, sondern einige dermaßen gelungene, moderne Interpretationen klassischer- und Popmusik, dass es das Publikum beinahe von den Stühlen riss!


Vom Stuhl gerissen!

Wahrlich vom Stuhl gerissen im übertragenen Sinne war das Publikum, mich eingeschlossen, und vom Stuhl gerissen im wahrsten Sinne des Wortes hat es dann auch den Akkordeonmeister selbst:

Nach einem unglaublichen Akkordeonintermezzo in geradezu atemberaubendem Tempo - die Finger des Meisters flogen in spielerischer Leichtigkeit über die Tastatur, das ungläubige Publikum eines besseren belehrend, dass derartiges Kunststück ohne einen Knoten in die Finger zu bekommen überhaupt möglich sei - verließen ihn plötzlich die Kräfte und er kippte mitsamt seiner gewaltigen Tastenmaschine (eine von der größeren Sorte, deren Oktavenumfang schon der eines Pianos nahekam ;-) vom Hocker und knallte - Rrrrrumms - mit Getöse, samt technischen Equipments hinterrücks auf die Bühne, wo er unter erstaunten Rufen des aufgebrachten Publikums zwischen den anderen Gerätschaften zu liegen kam.


Also, wirklich eine unglaubliche Geschichte, ich würde es nicht glauben, wenn ich es nicht selbst erlebt hätte!

Der junge Italiener hat sich in seinem grandiosen Spiel derart verausgabt,

dass er fast bewusstlos, ja spieltrunken möchte man sagen, zu Boden stürzte!

Ein außerordentlicher Auftritt und eine großartige Leistung!

Hut ab!


Der Mann, der nichts verkaufen wollte

Zuletzt besuchte ich noch einen Stand, der ein sehr interessant scheinendes Gerät präsentierte:

Es konnte eine Menge Lieder speichern und fungierte so als "Begleitband" für Solointerpreten. Eine sehr interessante Sache, doch irgendwie schien die Chemie zwischen dem Verkäufer und mir nicht zu stimmen: Erstmal beachtete er mich gar nicht. Als ich nach einiger Zeit dann eine Frage stellte, verwies dieser Arsch mich barsch an einen Kollegen, weil er "weg müsste".

(Der Leser möge meine barsche Ausdrucksweise in diesem Falle entschuldigen

- aber ich lasse mir ungern einen guten Stabreim entgehen ;-)

Der unfreundliche Mensch entfernte sich sodann vom Stand und überließ diesen und mich seinem Kollegen, der jedoch weder vom Tuten und Blasen, geschweige denn von diesem kleinen technischen Wunderwerk eine Ahnung hatte. Eine technische Perle in Händen solcher crétines (sprich: kräthööös)

(muss leider hier in Französisch operieren, weil ich keinen passenderen Ausdruck im deutschen Wortschatz finden konnte), das war ja kaum zu fassen!

Es war mir wahrlich ein Rätsel, wie der Gerätehersteller es schaffte, mit solchen "Verkaufsgenies" nicht bankrott zu gehen.

Ich jedenfalls hatte genug gesehen, das heißt eigentlich leider nicht genug von dem Gerät, aber keine Lust, mich hier veralbern zu lassen und verabschiedete mich höflich.


Wenn ich im Nachhinein ein Resümee ziehen soll, dann ist das,

die letzte Geschichte ausgenommen, ein sehr positives.

Ich kann diese Messe nur jedem empfehlen - allerdings weiß ich nicht,

ob sie nochmal so toll wird wie in dem Jahr, als ich sie besuchte

- irgendwie scheine ich ein Gespür für ungewöhnliche Vorkommnisse zu haben ;-)



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